An der Stelle einer seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr existierenden Kirche im Zentrum der niederösterreichischen Stadt Hainburg wurde in weniger als einem Jahr Bauzeit die evangelische Martin Luther Kirche Hainburg mit Gottesdienstraum, Gemeindesaal sowie weiteren Nutzräumen errichtet. Die Gesamtform des Gebäudes leitet sich von einem riesigen Tisch ab, wobei die gesamte Dachkonstruktion auf vier Stahlstützen, den Beinen des „Tisches“, ruht. Ein weiteres Schlüsselelement stellt das Dach des Gebetsraums dar: seine Formensprache wurde aus der geschwungenen Dachform eines benachbarten romanischen Karners entwickelt – die Geometrie jenes jahrhundertealten Gebäudes wurde mit den heutigen digitalen Mitteln in eine „zeitrichtige“ Form übertragen. Ähnlich wie bei anderen Projekten von COOP HIMMELB(L)AU wurden die Dachelemente des Kirchenraums in einer Werft hergestellt. Die Umsetzung der komplexen Geometrien erforderte spezielle Technologien der Metallverarbeitung und Montage, die nur in der Schiffsbauindustrie verfügbar sind. Die Referenz zum Schiffsbau erinnert dabei zugleich auch an Le Corbusier, der nicht zuletzt wegen seines Klosters La Tourette als wichtiges architektonisches Vorbild fungierte.
Das Spiel mit Licht und Transparenz ist bei diesem Projekt von wesentlicher Bedeutung. Das Licht kommt von oben: drei große Öffnungen im Dach, wie Schnecken geformt, leiten das Licht nach innen. Die Analogie der Zahl Drei zur Trinität der christlichen Theologie kann man dabei als „bewussten Zufall“ deuten. Der Kirchenraum selbst ist nicht nur ein mystischer Raum und Ort der Ruhe, als Kontrapunkt zu einer relativ schnelllebigen und medial dominierten Zeit, sondern zugleich ein offener Gemeinschaftsraum.
Vom Gottesdienstraum gelangt man in die von Tageslicht durchflutete, glasgedeckte Kinderzone, in der sich auch das Taufbecken befindet. Dahinter liegt der Gemeindesaal; Faltwände über die gesamte Raumbreite zwischen den beiden Haupträumen erlauben es, diese ganze Abfolge zu einem kontinuierlichen Raumgefüge zu verbinden. Auf der anderen Seite öffnet sich eine gläserne Faltfassade zur Straße hin.
Ein dritter Bauteil, ein lang gestreckter Riegel an einer kleineren Nebenstrasse, flankiert die beiden Haupträume und beinhaltet die Sakristei, das Büro des Pastors, eine kleine Küche und andere Nebenräume. Eine behindertengerechte Rampe führt zwischen den drei Bauteilen in den höher gelegenen Gemeindegarten. Der skulpturale Glockenturm auf dem Vorplatz bildet das vierte Element des Gebäudeensembles.
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