Architekt Lutz Ursel im Interview

Wir konnten exklusiv den Architekten Lutz Ursel zu einem Interview gewinnen. Studio5555 befragte ihn zu seinem Entwurf des Bauhaus-Museums und wie solch ein Projekt bei ihm entsteht. Natürlich ließen wir Themen wie Nachhaltigkeit, Licht und Umgebungsbeschaffenheit nicht aus. Das ganze Interview und Bilder zu seinen Entwürfen mit und von Lutz Ursel nach nur einem Klick.

-Hallo Lutz, du bist seit 1996 Architekt. Ein immer mehr wachsender Trend ist die Nachhaltigkeit. Welchen Stellenwert nimmt dies bei deinen Projekten ein?

Den Trend der Nachhaltigkeit verstehe ich als ein Zeichen für ein wachsendes kollektives Bewusstsein der Gesellschaft im Umgang mit ihren grundlegenden Lebensressourcen. Erst aus dem Bewusstsein heraus entstehen Motivationen, Fragestellungen und Aufgaben und es kommt ein Prozess der Auseinandersetzung in Gang. „Was wollen wir“ ist schon immer meine erste und im Grunde alles entscheidende Frage, dabei ist ganz automatisch die Frage nach wirtschaftlicher, ökologische und ästhetischer Beständigkeit mit eingeschlossen. Im Grunde ist das zu allen Zeiten schon immer so gewesen, nur die Umweltbedingungen und unsere technischen Möglichkeiten sind im Wandel.

In einem Experiment habe ich mir die Aufgabe gestellt, eine Stadt zu entwickeln, welche bei Erreichung von maximal hoher Lebensqualität der Bewohner, optimal sparsam mit allen Umweltressourcen umgeht. Das Ergebnis ist ein völlig neuer Städte- und Verkehrsbau, ein radikaler Bruch mit jeder Tradition. Eine andere Art von Nachhaltigkeit entsteht bei der Aufgabe der Sanierung einer denkmalgeschützten Villa.

Ist die Gesellschaft bereit, ihr Lebenskonzept aus Überzeugung oder Zwängen, zu Gunsten einer Verlangsamung der Veränderungen unserer Umwelt aufzugeben, fallen alle kreativen Ideen auf einen neuen fruchtbaren Boden.

-Was macht gute Architektur für Dich aus?

Wenn Sie die relevanten Fragen und Aufgaben am Ort auf einfachste Weise auflöst. Dabei muss immer etwas Neues entstehen, da jede Situation immer eine neue und andere ist. Entscheidend ist die unmittelbare Wirkung von Architektur auf alle Sinne, Erklärungen können es oft belegen, aber nicht erzeugen.


-Du hattest beim Bauhaus-Museum in Weimar einen spektakulären Wettbewerbsbeitrag eingereicht. Welche Rolle spielte dabei das Äußerliche, die Gestaltung?

-Wie bist du beispielsweise bei deinem Bauhausentwurf vorgegangen? Wie beginnst du solch ein Projekt? Mit Zeichenstift und Papier oder nutzt du gleich CAD Programme?

Beim Bauhausmuseum haben mich zwei Aspekte geleitet, zum einen der Standort des Museums in unmittelbarer Nachbarschaft zu Gebäuden des ehemaligen „Dritten Reiches“ und das Thema Bauhaus mit seinem eigenen Architekturbezug. Innerhalb dieses Spannungsfeldes fand ich aber keinen von allen erdenklichen Verbindungen und Bezügen überzeugend und sinnvoll. Ich empfand, dass das Museum für das Bauhaus nichts Vergleichendes darstellen dürfe, sondern dem Bauhaus nur den Raum schaffen musste, auf der anderen Seite wollte ich auch keine Nähe oder eine Gleichstellung zur benachbarten ehemaligen „Machtarchitektur“ herstellen.

So kam es, dass ich beim Bergsteigen in den Schweizer Alpen, die Aufgabenstellung wie eine Last mit mir herumtragend, in einem Feld aus Felsblöcken eine große Erleichterung empfand. Zurück zum „Urstein“ im symbolischen Sinn. In meiner Vorstellung war der Museumsbau schnell visualisiert, ich konnte die Qualität des Ortes sehr genau erspüren und auf den Standort in Weimar übertragen. In dem Fall hat sich aus einer berührenden Raumsituation ein Entwurfsansatz entwickelt. Alles bis dahin erarbeitete habe ich weggetan und diese tragende Idee, begonnen in Skizzen und später in 3-D (mit CAD), auszuarbeiten.

Die Kuben schaffen unterschiedliche oberirdische Räume mit Öffnungen und Verbindungen , drängen sich aber nicht in einer bestimmten Gestaltungsidee auf. Die Gebäudekonturen ändern sich mit jedem Schritt. Fließend gelangt der Besucher so in die Welt des Museumsbaus und findet die Kuben im großen unterirdischen Ausstellungssaal als Deckenlandschaft wieder. Licht fällt durch die Dächer der Kuben in die Halle und bildet Räume mit verschiedener Lichtqualität. Der Raum bleibt offen aber wird doch zoniert, die Objekte können so in Bezügen zueinander arrangiert werden oder für sich stehen.
Das Kubenfeld wird im Inneren des Gebäudes zum Lichtraum umgekehrt.

-Bei deinem Gebäudedesign ist Licht ein wichtiger Faktor. Was ist Licht für Dich und wie nutzt du eben dieses?

Architektur macht einen sehr grossen Teil unserer Lebensumwelt aus, die wir über unsere Sinne wahrnehmen und die ständig auf uns wirkt. Jedes Lebewesen reagiert auf seine Umweltbedingungen und passt sich diesen an. So hat unsere bebaute Umwelt Einfluss auf unser Befinden, unsere Gesundheit und unser Handeln und damit auf unsere Entwicklung. Fast alle Orientierung und ein Großteil der Kommunikation läuft bei uns visuell ab, daher ist das Licht ein sehr wichtiger Bestandteil. Aber es ist auch der Bezug zum Tageslicht, den wir für unsere zeitliche Orientierung brauchen. Alle weiteren Sinne wie Fühlen/Tasten, Riechen, Hören, sind gleich wichtig, obwohl wir diese oft nicht so bewusst wahrnehmen. Licht, Luft und alle Materialien sind die grundlegenden Elemente, mit denen ich arbeite. Sie bedingen einander und existieren miteinander.

-Deine Architektur hat einen ausgeprägten skulpturellen Charakter. Wie beziehst du dabei die Umgebung ein? Wie analysierst Du die entsprechenden Umgebungen mit ihren vorhandenen Charakteristika?

Im Fall des Wettbewerbsstandortes ist die Umgebung teilweise sehr reparaturbedürftig und verlangt nach einer weitergreifenden Auseinandersetzung, um das ganze Gebiet mit seiner gebrochenen Bebauung zu verbessern. In meinem Entwurf stelle ich daher ganz bewusst Bezüge zu den positiven Aspekten, wie das Tor zur Stadt und die Anbindung zum Stadtpark her und versuche nicht mit der Dominanz der Machtarchitektur zu konkurrieren. Viel mehr rege ich an, sich noch einmal mit dieser Bebauung auseinander zu setzen. Bei meinen auch überregional realisierten, modernen, Wohngebäuden stand der Bezug zum Kontext wie Sonne, Ausblick, Landschaft, Nachbarschaft wesentlich im Vordergrund meiner Entwürfe.

-Vielen Dank für Deine Zeit zu diesem Interview.

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