Villa St.Valentin von Stephan Unger

Das Grundstück der Villa St.Valentin, welches vom Architekten Stephan Unger entworfen wurde, liegt an einer Erhöhung in der Nähe von Meran, direkt an jener Talkurve, wo das Etschtal in den Vinschgau mündet. Das erklärt auf den ersten Blick auch die besondere Form des Doppelwohnhauses, das die Biegung der Talkurve nachempfindet. Erst auf den zweiten Blick sieht man die doppelte Krümmung des Gebäudes. Im Schnitt erkennt man auch, dass sich die Südfassade leicht nach hinten lehnt und zwar genau im mittleren Teil des Gebäudes. Während sich die beiden Seitenteile des Hauses wieder vertikal aufrichten. Die Schräglage des Mittelteiles erklärt sich aus der Idee des Architekten das Haus optimal nach der Sonne auszurichten. Da es sich beim Hang, an dem die Villa errichtet wurde, um einen Südhang handelt, eignet sich die Lage des Grundstückes besonders sich mit dem Gebäude nach dem Sonnenlauf zu orientieren. Der durchschnittliche Sonneneinfallswinkel am 21.Juni ist ein 46° Winkel und das entspricht exakt dem Winkel der Gebäudekrümmung. Somit hat sich die Form des Gebäudes als Hybrid ergeben, der sich einerseits nach der Sonneneinwirkung ausrichtet und der andererseits dem regionalen Landschaftsverlauf folgt.

Weiters fällt auf, dass die Fensteröffnungen der gekrümmten Südfassade relativ klein sind, aber durch die Kippung der Fassade ist der optimale Lichteinfall dennoch gegeben. Die Form dieser Öffnungen entspricht auch der traditionellen Bauart, wenn man mit Schindeln arbeitet. Die Lärchenschindeln, die in dieser modernen Anwendung an einer zeitgenössischen Villa ungewöhnlich sind, kennt man eher von historischen Zwiebeltürmen bei Kirchen und Schlössern. Dort ist auch bereits erkennbar, dass sich dieses traditionelle Material hervorragend für dynamische und dreidimensional gekrümmte Formgebungen eignet. Darum fiel die Wahl des Architekten, neben dem Wunsch mit regionalen Materialien und Methoden zu arbeiten, auch auf dieses Dachdeckungsmaterial. Zur Anwendung kamen 12 cm Kurzschindeln (Langschindeln wären 18cm), was dem jeweils sichtbaren Bereich der Schindel entspricht, die Lage für Lage aufgebracht werden. Sie sind schuppenförmig dreilagig angeordnet und jede beliebige Form wäre möglich. Die Holzschindeln sind nach alpiner Handwerkstradition handgespalten und zehn Jahre getrocknet. Im Laufe der Zeit werden sie silbrige Patina ansetzen und optisch an Steine erinnern, die Lebensdauer könnte ähnlich wie bei den historischen Dachdeckungen leicht über ein Jahrhundert hinausgehen.

Das Haus ist für zwei Familien konzipiert und gliedert sich in einen West- und einen Ostflügel. Die große Fensterfront auf der Ostseite orientiert sich Richtung Etschtal, während die Familie auf der Westseite in den Vinschgau blickt. Die Familien von Vater und Sohn betreten ihre Wohneinheiten jeweils in der Mitte des Gebäudes über ein gemeinsames Atrium, das auch Schutz vor Regen gewährt. Dass das Zweifamilienhaus im Gesamten aus einem Guss ist und sich nicht in zwei eigene Gebäude aufspaltet, hat mit den Baurichtlinien in Südtirol zu tun. Das Haus ist in einer Villengegend situiert, was von der Vorschrift her nur ein Einzelvolumen mit einer oberirdischen Kubatur von 750 m3 erlaubt. Das ergibt eine gemeinsame Fläche von 250m2. Der Architekt hat das Gebäude daher innerhalb in zwei Wohneinheiten geteilt und um zusätzlicher Wohnfläche zu erhalten auch im Untergeschoß Räume angeordnet. Durch die Lage am Hang ist so trotzdem ein gute Belichtung des unteren Geschosses möglich.

Der Gedanke der Nachhaltigkeit findet sich im Niedrigenergiehausstandard und der konsequenten Verwendung von natürlichen und lokal vorhandenen Baustoffen. Alle Materialien sind in der Region vorhanden, auch die des Interieurs. Der örtliche Lasa-Mamor kommt im Bad zur Anwendung, Granit und Porphyr als Steinböden, und Eiche, gekalkt oder geräuchert, für Türen und Holzböden.

Die Südfassade ist in Holz-Riegelbauweise aus Lärche errichtet und die Nordwand besteht aus Ziegelmauerwerk. Ost- und westseitig wurde solar-aktives Spiegelglas verwendet. In den Geschossdecken ist ein solar-aktives Bauteilheiz- und Kühlsystem integriert, mit zwei getrennten Kreisläufen für die beiden Wohneinheiten.

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